Thailand: Wahl bietet einmalige Chance für Kandidat*innen, sich zum Schutz der Menschenrechte zu verpflichten

Im Vorfeld der Parlamentswahlen in Thailand am 14. Mai sagte Chanatip Tatiyakaroonwong, Researcher für Thailand von Amnesty International:

“Die bevorstehende Wahl in Thailand bietet eine seltene Gelegenheit für politische Parteien und Kandidat*innen, sich öffentlich zum Schutz und zur Förderung der Menschenrechte zu verpflichten, wenn sie gewählt werden, einschließlich der Rechte von Randgruppen, der Zivilgesellschaft und junger Menschen.

“Insbesondere muss die künftige Regierung Thailands sicherstellen, dass die Menschen in Thailand das Recht auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit frei ausüben können und nicht länger für ihre Äußerungen bestraft werden. Die Regierung muss außerdem alle Anklagen im Zusammenhang mit friedlichen Protesten fallen lassen und alle Gesetze und politischen Maßnahmen ändern, die die volle Wahrnehmung dieser Rechte behindern.

“Nach der letzten Wahl im Jahr 2019 kam es im Land zu einem weit verbreiteten Ausbruch von Covid-19, gepaart mit der Zunahme von von Jugendlichen angeführten Protesten, die politische Reformen im ganzen Land fordern. Pandemiebedingte Maßnahmen haben die ohnehin schon große wirtschaftliche Ungleichheit noch vergrößert, was zu mehr Ungleichheit und ungerechtfertigten Einschränkungen der Rechte auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung geführt hat.

“Ungefähr 7,6 % der 52 Millionen Wahlberechtigten in Thailand sind Erstwähler*innen. Eine beträchtliche Anzahl von ihnen sind junge Menschen, die sich in den letzten drei Jahren an den Protesten beteiligt haben und die volle Wucht des staatlichen Vorgehens gegen ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung zu spüren bekamen. Parteien und Kandidat*innen sollten auf die Stimmen aller, einschließlich der jungen Menschen, hören, auf ihre Rufe nach Veränderung reagieren und sich verpflichten, Thailands internationale Menschenrechtsverpflichtungen zu erfüllen, falls sie gewählt werden.”

Hintergrund:

Im Vorfeld der nationalen Wahlen am Sonntag, den 14. Mai, hat Amnesty International Thailand mit zivilgesellschaftlichen Partnern in den zentralen, nördlichen, nordöstlichen und südlichen Regionen des Landes zusammengearbeitet, um eine Reihe von politischen Empfehlungen zu Themen zu erarbeiten, die von bürgerlichen und politischen Rechten, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten, Umweltrechten und LGBTI-Rechten bis hin zu den Rechten von Wanderarbeitern, Flüchtlingen, Menschen mit Behinderungen, Kindern, Frauen und indigenen Völkern reichen. Mit den Empfehlungen sollen die Kandidat*innen aufgefordert werden, politische Vorschläge zu formulieren, die auf eine Verbesserung der Menschenrechte abzielen.

Amnesty International Thailand hat außerdem öffentliche Dialoge in den Provinzen Bangkok, Chiang Mai, Khonkaen und Pattani organisiert, um diese Empfehlungen den politischen Parteien vorzustellen und die Politiker*innen zu ermutigen, ihr Engagement für eine Menschenrechtspolitik zum Ausdruck zu bringen.

Zwischen Juli 2020 und April 2023 wurden nach Angaben von Thai Lawyers for Human Rights mindestens 1.902 Personen wegen ihrer Kritik am Staat oder ihrer Teilnahme an friedlichen öffentlichen Versammlungen angeklagt. Mindestens 1.469 von ihnen werden beschuldigt, gegen ein Verbot öffentlicher Versammlungen verstoßen zu haben, das im Rahmen der thailändischen Covid-19-Präventionsmaßnahmen per Notstandsdekret erlassen wurde, während weitere 167 Personen nach dem Computer Crimes Act angeklagt werden, weil sie abweichende Meinungen im Internet geteilt haben.

Mindestens 242 Personen werden wegen Majestätsbeleidigung (lèse-majesté) und weitere 130 wegen Aufruhrs nach den Artikeln 112 und 116 des thailändischen Strafgesetzbuchs angeklagt, während 284 der strafrechtlich Angeklagten – mindestens 18 wegen Majestätsbeleidigung – zum Zeitpunkt der Anklageerhebung jünger als 18 Jahre waren.

Amnesty International ist eine weltweite Menschenrechtsbewegung, die unabhängig von Regierungen, politischen Ideologien oder wirtschaftlichen Interessen ist. Die Organisation unterstützt oder bekämpft weder eine bestimmte Partei noch einen bestimmten Kandidierenden bei einer Wahl. In vielen Ländern der Welt fordert Amnesty International die politischen Parteien und Kandidaten*innen regelmäßig auf, dem Schutz aller Menschenrechte Vorrang einzuräumen.

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2023/05/thai-election-offers-chance-for-safeguarding-human-rights/

13. Mai 2023