Thailand: Behörden müssen Anklagen gegen prostestierende Kinder fallen lassen

Die thailändischen Behörden sollten die Anklagen gegen protestierende Kinder fallen lassen, nachdem diese zwischen 2020 und 2022 an Massendemonstrationen teilgenommen haben, sagte Amnesty International heute im Vorfeld des Weltkindertages am 20. November.

Amnesty International hat die Auswirkungen des seit Jahren andauernden harten Vorgehens gegen prostierende Kinder, das Einschüchterung, Überwachung und Kriminalisierung ihrer Aktivitäten beinhaltet, genau beobachtet und dokumentiert.

Die Organisation hat Fälle dokumentiert, in denen die thailändische Polizei und andere Regierungsbeamt_innen Dutzende von protestierenden Kindern verfolgten und überwachten, ihre Familienangehörigen und Schulbehörden unter Druck setzten, um sie von der Teilnahme an den Protesten abzuhalten, und ihnen und ihren Eltern direkt damit drohten, sie anzuklagen.

“Viele der Menschen, die an diesen beispiellosen Massendemonstrationen ab 2020 teilgenommen haben, waren damals Kinder, die das Bedürfnis hatten, sich zu Themen zu äußern, die ihre Zukunft betreffen”, sagte Katherine Gerson, Thailand-Referentin von Amnesty International.

“Die thailändischen Behörden müssen den Weltkindertag nutzen, um ein sicheres und förderliches Umfeld für freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlungen zu schaffen. Wir fordern die Behörden auf, diese jungen Menschen ihr Leben weiterleben zu lassen, ohne dass ungerechtfertigte Gerichtsverfahren über ihnen schweben und ihre wirtschaftlichen, schulischen und beruflichen Chancen behindern.”

Wir fordern die Behörden dringend auf, diese jungen Menschen ihr Leben weiterleben zu lassen, ohne dass ungerechtfertigte Gerichtsverfahren über ihnen schweben und ihre wirtschaftlichen, schulischen und beruflichen Chancen beeinträchtigen.
Katherine Gerson, Amnesty International Thailand Campaigner

Seit 2020 wurden schätzungsweise 283 Demonstrierende unter 18 Jahren wegen einer Reihe von Straftaten angeklagt, die meisten davon auf der Grundlage eines Notstandsgesetzes, das während der Pandemie erlassen und inzwischen aufgehoben wurde. Andere werden wegen Verleumdung des Königshauses, Aufwiegelung und der Verbreitung von Informationen, die die Behörden als “falsch” einstufen, angeklagt. Fast 200 dieser Fälle sind noch nicht abgeschlossen.

“Den Menschen wird vorgeworfen, gegen eine pandemiebezogene Notstandsverordnung verstoßen zu haben, die nicht mehr existiert. Das ist unsinnig. Die thailändischen Behörden sollten sofort alle Anklagen fallen lassen und davon absehen, weitere Verfahren gegen Menschen, einschließlich Kinder, wegen Verstoßes gegen dieses nicht mehr existierende Gesetz einzuleiten”, sagte Gerson.

Am 22. November wird das Jugend- und Familiengericht der Provinz Nonthaburi sein Urteil im ersten Fall königlicher Verleumdung verkünden, in dem es um Thanakorn “Petch” Phiraban geht, einen LGBTI+-Aktivisten, der angeklagt wurde, weil er am 10. September 2020 im Alter von 17 Jahren friedlich an einer Demonstration teilgenommen hatte. In diesem Fall droht Petch die Höchststrafe von 15 Jahren Haft.

“Wie jüngste Berichte im Vorfeld des Gipfeltreffens der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftskooperation in Bangkok zeigen, gehen immer noch Gruppen von Kindern auf die Straße, um friedlich ihre Meinung zu äußern, trotz der möglichen Risiken, die mit der Ausübung ihrer Menschenrechte verbunden sind. Die thailändischen Behörden müssen davon absehen, das Recht auf Protest zu verletzen, und Maßnahmen ergreifen, um Kindern die uneingeschränkte Wahrnehmung dieses Rechts zu ermöglichen.”

Hintergrund:

Im Jahr 2020 gingen Zehntausende von jungen Menschen auf die Straße, um gegen die vom Militär dominierte Regierung von Premierminister Prayut Chan-o-cha zu protestieren. Friedliche “Flashmob”-Demonstrationen begannen auf Universitätsgeländen und an High Schools im ganzen Land.

Die Protestbewegung breitete sich rasch über soziale Medienplattformen aus, insbesondere über Twitter, wo die Demonstrantierende ihre Versammlungen über Hashtags koordinierten. Die überwältigende Zahl der Teilnehmenden zu Beginn der Proteste waren Schüler_innen unter 18 Jahren.

Insgesamt wurden mehr als 1800 Personen wegen der Teilnahme an den Protesten und der Äußerung ihrer Meinung angeklagt, die meisten von ihnen auf der Grundlage des Notstandsgesetzes, das im Oktober 2022 aufgehoben wurde.

Derzeit führt Amnesty International die globale Kampagne “Protect the Protest” durch, um sicherzustellen, dass Menschen auf der ganzen Welt friedlich und ohne Verfolgung Veränderungen fordern können.

Amnesty International ist eine globale Menschenrechtsbewegung, die unabhängig von Regierungen, politischen Ideologien oder wirtschaftlichen Interessen ist. Die Äußerung von Bedenken über Menschenrechtsverletzungen gegenüber einzelnen Personen oder Organisationen, die eine bestimmte politische Position vertreten, bedeutet nicht, dass Amnesty International die Plattform dieser Person oder Organisation unterstützt.

19. November 2022